Call for Papers zur Tagung 2021
Persönlichkeit – Charakter – Moralität
Die jüngere Diskussion um die Lehrerbildung zeigt, dass in der Schule die Haltung der Lehrperson zu ihrer Aufgabe den Unterschied machen könnte. Das wäre ein gutes Startsignal für einen Perspektivenwechsel in der Lehrerbildung gewesen. In der Tat scheint der Begriff der Lehrerpersönlichkeit seitdem einen größeren Stellenwert bekommen zu haben, ohne dass aktuelle Theorien erkennbar wären, die den Begriff in seiner ganzheitlichen Bedeutungsperspektive erfassen könnten. Das ist anders bei Herbart, der Persönlichkeit als Besinnungs-, als Bildungsaufgabe begreift, wie er in seiner Allgemeinen Pädagogik deutlich hervorhebt:
„10. Persönlichkeit beruht auf der Einheit des Bewußtseins; auf der Sammlung, auf der Besinnung. – Die Vertiefungen schließen einander, – sie schließen eben dadurch die Besinnung aus, in welcher sie vereinigt sein müßten. Gleichzeitig kann das, was wir fordern, nicht sein, es muß also aufeinander folgen. Erst Eine Vertiefung, dann eine andre, dann ihr Zusammentreffen in der Besinnung!“ (Herbart, [1806] 1913, 276/)
Eingebunden in sein pädagogisches Gesamtverständnis von erziehendem Unterricht und Charakterbildung und übertragen auf den Eigenanteil der Studienaufgabe könnte Herbarts Pädagogik nicht zuletzt einen wichtigen theoretischen Beitrag zur heutigen Lehrerbildung leisten, aber nicht nur dort.
Ausgehend von der Erfahrung, dass Charakterbildung an sich fast unumgänglich ist, aber in der Regel nicht die moralische Qualität besitzt, die von Herbarts Begriff der ästhetischen
Urteilskraft und einer Teilnahme, die seinen explizierten unterschiedlichen Interessensbereichen gerecht wird, erwartet werden kann, gilt es gesellschaftliche und persönliche Grenzen konventioneller Charakterbildung zu analysieren und ihre Möglichkeiten und Grenzen von Herbarts Pädagogik her zu interpretieren. Herbarts Begriff der Moralität ist eingebunden in eine praktische Philosophie, die vorher und nachher und in der Regel völlig losgelöst von einer pädagogischen Fragestellung Alternativen kennt. Welche möglicherweise noch unentdeckten Chancen ergeben sich dar aus für eine heutige Pädagogik?
Diese Frage könnte auch an dem Punkt der Verhältnisbestimmung von Pädagogik und Ethik zu einer kritischen Betrachtung herbartianischer Traditionen führen.
Ausgehend von diesen Vorüberlegungen versucht nun die Tagung inhaltlich systematisch für die Vortragsthemen folgende Akzente zu setzen:
1. Charakterbildung und Moralphilosophie für die Lehrerprofessionalisierung?
2. Erzieher als Experten für Kinder?
3. Erziehung zur Freiheit?
4. Herbarts Stellung in der Moralphilosophie?
Aussagekräftige Exposés (1-2 Seiten) sollten bis zum 31.08.2020 an folgende Adressen gesendet werden:
Prof. Dr. Rainer Bolle: bolle@ph-karlsruhe.de und Dr. Katja Grundig de Vazquez: katja.grundig-de-vazquez@uni-due.de
Bisherige Tagungen
2019
Herbart und der Herbartianismus in Jena,
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Organisation: Prof. Dr. Rainer Bolle, Dr. Alexandra Schotte in Kooperation mit dem Institut für Bildung und Kultur der Friedrich-Schiller-Universität Jena
- 2017
- Herbart als akademischer Lehrer,
Maison Heinrich Heine, Cité internationale universitaire de Paris in Kooperation mit der Université d’Artois.
Organisation: Prof. Dr. Jean-François Goubet - 2015
- Wie lernt man erziehen? Zur Didaktik der Pädagogik,
Pädagogische Hochschule Karlsruhe.
Organisation: Prof. Dr. Rainer Bolle - 2013
- "Einheimische Begriffe" und Disziplinentwicklung,
Universität Duisburg-Essen, Campus Essen.
Organisation: Prof. Dr. Rotraud Coriand - 2011
- Erziehung und Bildung in politischen Systemen,
Kardinal-Stefan-Wyszyński-Universität in Warschau.
Organisation: Prof. Dr. Dietrich Benner u. Dr. Darius Stępkowski - 2009
- Herbarts Ästhetik,
KU Eichstätt-Ingolstadt.
Organisation: Dr. Elmar Anhalt - 2007
- In welche Zukunft schaut die Pädagogik? Herbarts Systemgedanke heute,
Franckesche Stiftungen in Halle a.d.Saale.
Organisation: Dr. Berthold Ebert - 2005
- Herbart und Dewey. Pädagogische Paradigmen im Vergleich,
Katholieke Hogeschool Sint-Lieven, St. Niklaas, Belgien.
Organisation: Prof. Dr. Carlos Martens - 2003
- Herbarts "Ästhetische Darstellung der Welt ...",
Carl von Ossietzky Universität in Oldenburg
Organisation: Prof. Dr. Klaus Klattenhoff, Prof. Dr. Friedrich Wißmann - 2001
- Zum aktuellen Erbe Herbarts,
Carl von Ossietzky Universität in Oldenburg.
Organisation: Prof. Dr. Klaus Klattenhoff, Prof. Dr. Friedrich Wißmann
Vorschläge für Tagungsthemen
Haben Sie Vorschläge für Tagungsthemen und -orte, so würde sich der Vorstand freuen, wenn Sie uns diese mitteilen würden. Unter Kontakt finden Sie ein Formular, mit dem Sie uns Ihre Vorschläge mitteilen können. Oder Sie schreiben eine Mail an die Vorsitzende der Internationalen Herbart-Gesellschaft. Gehen Sie hierzu zu Verein.